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1979 bin ich meiner Unruhe gefolgt und ein Jahr mit Freunden in Südostasien gereist. Seither bin ich nicht mehr von Asien losgekom-men. Meine Taijiquan (Wu Familienstil) und Qigong Lehrjahre begannen 1994 und dauern bis heute. Nach Versuchen in verschiedenen Broter-werbstätigkeiten habe ich damals auf dem 2. Bildungsweg an der Universität Zürich Ethnologie und Sinologie studiert. Zu den Hauptthe-men zählten Visuelle Ethnologie und Medizinethnologie bei Michael Oppitz und Elisabeth Hsu. Meine erste, damals noch verwirrende Reise nach China kam ebenfalls 1994 zustande. Ein Schlüsselerlebnis waren 1996 die 4 Monate in einem abgelegenen Bergdorf der Premi im Grenzgebiet zwischen Sichuan und Tibet für eine fotografische Arbeit. Diese Zeit hat mich in vieler Hinsicht geprägt. Ich bin oft wieder in die Region gereist und habe bis heute Kontakt zu den Menschen dort. Der inzwischen verstorbene Abu hat mich in seine Familie adoptiert und auf die Reise der Seele zu den Gongga-Bergen mitgenommen. 1997 kam ich nach Shanghai und lernte endlich 2 Jahre an der 'East China Normal University' besseres Chinesisch. 2001 bin ich dann eher instinktiv und ohne Plan nach China gezogen, habe vorerst hier und da gearbeitet und bin viel gereist. Das war eine wunderbare, unbeschwerte Zeit mit rauhem Training und vielen Freundschaften und Entdeckungen. Ich hatte das Privileg, noch einige der alten Meister kennenzulernen und ihren Geschichten zuzuhören. Es brauchte einige Zeit, bis ich die Faszination für das Exotische hinter mir lassen und ins Naheliegende eintauchen konnte. Ein Shanghaier Freund hat mich dann eingeladen, in seine kleine Filmproduktion einzusteigen und so bin ich 2004 wieder in Shanghai gelandet. Ich lernte meine Partnerin Zhuo Yu kennen und begann regelmässig in ihre Heimat, die tropische Insel Hainan, zu reisen. Mit ihrer Familie bin ich eng verbunden. In all diesen Jahren sind die chinesischen Kampf- und Heilkünste immer ein Teil meines Lebens geblieben. Ich liebe das Training und die Begegnungen. Es sind Traditionen, ein Strom von Wissen, an dem über Generationen unzählige Menschen gefeilt haben. Es ist aber auch wichtig, dabei nicht der Idealisierung eines Stils, einer Schule oder eben auch der chinesischen Kultur zu verfallen.
Privat und für Filmprojekte bin ich sehr viel im Land gereist und freue mich zurückdenkend immer wieder über die vielen wunderbaren Begegnungen. Wohin auch immer es mich verschlagen hat, auch in den abgelegensten Gegenden habe ich Freundschaften und manchmal Liebe erlebt.
2014 konnte ich für meinen Film über die Anji (lokale Ritualspezialisten 'Schamanen') der  Pumi wieder einige Zeit in den Bergen Sichuans verbringen. Die Zusammenarbeit mit  Luc für 2 seiner Filme war ein weiterer Höhepunkt meiner Chinajahre.
Ich habe Lehrerinnen und Lehrer, die mich seit langer Zeit begleiten und inspirieren, konnte aber nie der Versuchung widerstehen, auf dem Weg immer wieder auch Neues zu lernen. So bin ich Umwege gegangen, die vielleicht nicht alle nötig waren. Im Zentrum meines Trainings stehen heute Taijiquan und Yiquan. Seit längerem übe ich auch daoistisch inspirierte Meditation/Innere Alchemie. Das Training mit Qin Ling bleibt unvergessen. Dieser Aspekt wird mir immer wichtiger während es schon länger her ist, seit ich mich ernsthaft in den Kampfaspekten geübt habe (es führt kein Weg daran vorbei, wer gut im Kämpfen sein will, muss viel kämpfen). Neben dem altchinesischen 'Nähren des Lebens', Religionen und Texten interessieren mich natürlich auch die modernen Erkenntnisse darüber, was den Menschen und das Leben ausmacht. Auch die Entwicklung der Gesellschaft in China  und bei uns verfolge ich in diesen angespannten Zeiten aufmerksam. So seltsam das mit Blick auf das heutige China erscheint, mich hat das 'Unbekümmerte Wandern' 逍遥游 des altchinesischen Klassikers Zhuangzi, ein fast schon anarchischer Aspekt dieser Gesellschaft, immer fasziniert. Ausserdem ist es der Begriff 'Ziran' 自然, der oft als 'natürlich', 'spontan' übersetzt wird, der in meinem Üben wichtig ist. Er meint das 'sich selbst seiende', sein Potential ausschöpfende. Es geht mir dabei nicht nur um eine kulturelle Praxis. Wichtiger ist es, persönlich und in Gemeinschaften mit Neugier und Wohlwollen tief an unseren gesellschaftlichen und familiären Konditionierungen zu arbeiten, die sich auch in unserem Organismus festsetzen und immer wieder die gleichen Muster hervorbringen. Für die ernsthaften AdeptInnen kann sich eine faszinierende Welt eröffnen. Seit 2018 bin ich mit Zhuo Yu wieder in der Schweiz niedergelassen. Mindestens mit einem Bein bleiben wir aber in China verankert. Zur Zeit lerne ich von Serge Augier verschiedene Aspekte des Daxuan Daoismus und befasse mich mit dem Sterbeprozess in Daoismus und Buddhismus.
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